Wettbewerbsschranken und Domain-Grabbing

 

[Frage 26] Darf ich beschreibende Begriffe als Domain-Namen registrieren?

[Frage 27] Was genau sind Gattungsbezeichnungen?

[Frage 28] Welche Beschränkungen gibt es bei der Registrierung beschreibender Begriffe?

[Frage 29] Darf ich eine Tippfehler-Domain, welche sich an den beschreibenden Domain-Namen meines Mitbewerbers anlehnt, als Weiterleitung auf mein eigenes Angebot einsetzen?

[Frage 30] Darf ich meinen Domain-Namen weiterverkaufen bzw. mit Domain-Namen handeln?

[Frage 31] Darf ich einen Begriff, der mit der Marke eines Dritten identisch ist, als Domain-Namen registrieren, um den Domain-Namen nicht selbst zu nutzen, sondern dem Markeninhaber zu verkaufen?


[WICHTIGER HINWEIS] Alle Angaben im nachfolgenden Auszug aus dem Rechtsratgeber "Der große Humboldt-Ratgeber Internetrecht" wurden von Autoren und Verlag sorgfältig geprüft. Die Autoren haben sich nach bestem Wissen um die inhaltliche Richtigkeit ihrer Ausführungen bemüht, die wegen der Komplexität der gesetzlichen Regelungen, widersprüchlicher Gerichtsentscheidungen, ungeklärter Rechtsfragen und den Besonderheiten jedes Einzelfalles aber nicht verbindlich, sondern nur als persönliche Einschätzungen der Autoren zur allgemeinen Rechtslage zu werten sind. Deshalb kann eine Gewähr nicht übernommen werden. Insbesondere erhebt dieser Ratgeber keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Auch ist das Internetrecht ein junges und dynamisches Rechtsgebiet, das sich ständig ändert. Bei Fragen zum aktuellen Stand von Gesetzgebung und Rechtsprechung wenden Sie sich bitte an den Herausgeber und die Autoren.

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[Frage 26] Darf ich beschreibende Begriffe als Domain-Namen registrieren?

Es ist höchstgerichtlich anerkannt, dass Sie beschreibende Begriffe, so genannte Gattungsbezeichnungen, als Domain-Namen registrieren können. Die ganz früher teilweise vertretene Ansicht, dass die Nutzung von beschreibenden Begriffen als Domain-Namen gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verstoße, ist seit längerem überholt. Man hatte damals argumentiert, dass beschreibende Domain-Namen Kundenströme unzulässig kanalisieren und Mitbewerber unter Verstoß gegen die Grundsätze lauteren Wettbewerbs behindern würden.

Auch liegt nach Auffassung des Bundesgerichtshofs in der Registrierung eines Gattungsbegriffs in der Regel keine sittenwidrige Schädigung gemäß § 826 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), selbst wenn es nahe liegt, dass ein Unternehmen diesen Domain-Namen für seinen Internetauftritt verwenden könnte.

Allerdings macht der Bundesgerichtshof auch
Einschränkungen, vgl. Frage 28.

 

[Entscheidung 16] Bundesgerichtshof
Urteil vom 2. Dezember 2004 | I ZR 207/01 | weltonline.de

Die Registrierung beschreibender Begriffe als Domain-Namen ist im Grundsatz keinen rechtlichen Schranken unterworfen. Auch wenn an einem Gattungsbegriff gleichzeitig Namens- oder Kennzeichenrechte bestehen, verbleibt es in der Regel beim Prinzip der Priorität der Registrierung. Ein beschreibender Domain-Name kann auch in der Weise genutzt werden, dass Nutzer, die diesen Domain-Namen eingeben, zu einer anderen Website umgeleitet werden. Wenn ein Gattungsbegriff einem Dritten zum Kauf angeboten wird, kann regelmäßig nicht auf eine Schädigungsabsicht geschlossen werden.

[http://www.jurpc.de/rechtspr/20050107.htm]

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[Frage 27] Was genau sind Gattungsbezeichnungen?

Gattungsbezeichnungen sind solche Begriffe, welche Waren und Dienstleistungen glatt beschreiben. Allerdings ist die Grenzziehung zwischen glatt beschreibenden und schon kennzeichnungskräftigen Begriffen kaum möglich.

Beispielsweise hielten Gerichte Begriffe wie „rechtsanwaelte“, „autovermietung“, „sauna“, „mitwohnzentrale“ oder „weltonline“ für Gattungsbezeichnungen, nicht aber Begriffe wie „kuecheonline“ oder „tipp“.

[Tipp] Achten Sie bei der Registrierung beschreibender Begriffe darauf, dass es sich um Gattungsbegriffe der Umgangssprache handelt, die für eine ganz bestimmte Ware oder Dienstleistung stehen, und nicht möglicherweise um schwach kennzeichnungskräftige Zeichen.

 

[Entscheidung 17] Hanseatisches Oberlandesgericht
Urteil vom 16. Juni 2004 | 5 U 162/03 | tipp.ag

Das Wort „tipp“ steht - anders als „Auto“ oder „Rechtsanwalt“ - nicht für eine ganz bestimmte Ware oder Dienstleistung und ist deshalb grundsätzlich kennzeichnungskräftig.

[http://www.jurpc.de/rechtspr/20040262.htm]

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[Frage 28] Welche Beschränkungen gibt es bei der Registrierung beschreibender Begriffe?

Die Registrierung einer Gattungsbezeichnung als Domain-Name ist grundsätzlich nicht wettbewerbs- oder sittenwidrig, vgl. Frage 26. Jedoch hat der Bundesgerichtshof angemerkt, dass die Registrierung von beschreibenden Begriffen als Domain-Namen wettbewerbswidrig im Sinne von § 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sein kann, wenn die Verwendung des fraglichen Begriffs dadurch für Dritte blockiert wird, dass gleichzeitig andere Schreibweisen des registrierten Begriffs unter derselben Top-Level-Domain oder dieselbe Bezeichnung unter anderen Top-Level-Domains registriert werden.

Auch kann, unter dem Gesichtspunkt der Alleinstellungsbehauptung, eine wettbewerbswidrige und damit unzulässige Irreführung gemäß § 5 UWG vorliegen. Zwecks Vermeidung einer derartigen Alleinstellungsbehauptung kann es daher, abhängig von dem beschreibenden Begriff und abhängig von der Fallkonstellation, erforderlich sein, auf der Homepage darauf hinzuweisen, dass man nicht der einzige Anbieter der betroffenen Waren und Dienstleistungen ist.

Ein Wettbewerbsverstoß wegen Irreführungsgefahr kommt auch dann in Betracht, wenn unter einem beschreibenden Begriff Produkte und Dienstleistungen angeboten werden, die mit dem beschreibenden Begriff nichts zu tun haben.

[Tipp] Nehmen Sie zur Vermeidung einer Alleinstellungsbehauptung auf der Homepage Ihrer Website den Hinweis auf, dass Sie nicht der einzige Anbieter der angebotenen Waren und Dienstleistungen sind.

 

[Entscheidung 18] Bundesgerichtshof
Urteil vom 17. Mai 2001 | I ZR 216/99 | mitwohnzentrale.de

Die Benutzung einer Gattungsbezeichnung als Domain-Name ist grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig. Wettbewerbswidrig kann es hingegen sein, wenn der Domain-Inhaber durch die Registrierung weiterer Domains die Verwendung des fraglichen Begriffs als Domain durch Dritte blockiert. Auch kann, unter dem Gesichtspunkt der Alleinstellungsbehauptung, eine wettbewerbswidrige und damit unzulässige Irreführung vorliegen.

[http://www.jurpc.de/rechtspr/20010219.htm]

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[Frage 29] Darf ich eine Tippfehler-Domain, welche sich an den beschreibenden Domain-Namen meines Mitbewerbers anlehnt, als Weiterleitung auf mein eigenes Angebot einsetzen?

Das Landgericht Erfurt hält es wegen Behinderung des Mitbewerbers für wettbewerbswidrig, wenn jemand einen beschreibenden Domain-Namen registriert, der sich kaum vom beschreibenden Domain-Namen des Mitbewerbers unterscheidet, und diese Tippfehler-Domain automatisch auf das eigene Internet-Angebot weiterleitet, welches jedoch unter einem anderen Namen präsentiert wird.

 

[Entscheidung 19] Landgericht Erfurt
Urteil vom 21. Oktober 2004 | 2 HK O 77/04 | deutsche-anwaltshotline.de

Wer einen Domain-Namen registriert, der sich an den glatt beschreibenden Domain-Namen eines Mitbewerbers anlehnt (sogenannte Tippfehler-Domain), und diesen auf das eigene Internet-Angebot automatisch weiterleitet, obwohl das eigene Internet-Angebot unter einem anderen Namen präsentiert wird, behindert die wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten des Mitbewerbers und handelt wettbewerbswidrig.

[http://www.jurpc.de/rechtspr/20050084.htm]

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[Frage 30] Darf ich meinen Domain-Namen weiterverkaufen bzw. mit Domain-Namen handeln?

Glatt beschreibende Domain-Namen, vgl. Frage 27, werden heutzutage als normales Wirtschaftsgut betrachtet. Sie können also derartige Namen unbeschränkt registrieren, auch allein zu dem Zweck, sie weiterzuverkaufen. Aber beachten Sie, dass die Registrierung eines Begriffs in verschiedenen Schreibweisen und unter mehreren Top-Level-Domains durch die hierdurch bewirkte Monopolisierung und Blockierung gegenüber Dritten wettbewerbswidrig sein kann, vgl. Frage 28.

[Tipp] Unter www.adresso.de finden Sie ein kostenloses Tool, mit dem Sie, insbesondere im Hinblick auf die begriffliche Geeignetheit, eine erste Einschätzung zum Wert Ihrer Domain erhalten. Unter www.sedo.de finden Sie einen Marktplatz für Domain-Namen.

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[Frage 31] Darf ich einen Begriff, der mit der Marke eines Dritten identisch ist, als Domain-Namen registrieren, um den Domain-Namen nicht selbst zu nutzen, sondern dem Markeninhaber zu verkaufen?

Es ist unzulässig, einen Begriff, der mit der Marke eines Dritten identisch ist, als Domain zu registrieren, um auf einen Verkauf an den Markeninhaber zu spekulieren. In diesem Fall spricht man von Domain-Grabbing. Dieses löst Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche des Markeninhabers aus. Zwar besitzt der Markeninhaber in diesem Fall keine Handhabe aus Markenrecht mangels Verwechslungsgefahr sich gegenüberstehender Waren und Dienstleistungen. Doch gewährt die Rechtsprechung dem Markeninhaber Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche gemäß §§ 826, 226, 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) wegen vorsätzlicher sittenwidriger Behinderung und Schädigung.

 

[Entscheidung 20] Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Beschluss vom 12. April 2000 | 6 W33/00 | weideglueck.de

Die Registrierung einer Domain, welche mit der Marke eines Unternehmens übereinstimmt, jedoch ohne nachvollziehbares eigenes Interesse gesichert wurde, weil sie weder mit dem Namen noch der Tätigkeit des Domain-Inhabers in Zusammenhang steht, stellt eine sittenwidrige Behinderung und Schädigung gemäß §§ 826, 226, 1004 BGB dar, wenn die Umstände darauf schließen lassen, dass die Domain-Registrierung erfolgt ist, um Kapital aus dem Verkauf der Domain zu schlagen.

[http://www.jurpc.de/rechtspr/20000086.htm]