Schiedsgerichtliche Beilegung von domain-rechtlichen Streitigkeiten durch das WIPO-Arbitration and Mediation Center in Genf

 

[WICHTIGER HINWEIS] Alle Angaben im nachfolgenden Aufsatz wurden von Autor und Verlag sorgfältig geprüft. Der Autor hat sich nach bestem Wissen um die inhaltliche Richtigkeit seiner Ausführungen bemüht, die wegen der Neuheit der Materie aber nicht verbindlich sind. Es handelt sich nur um persönliche Einschätzungen des Autors zur Rechtslage. Deshalb kann eine Gewähr nicht übernommen werden. Insbesondere erhebt dieser Aufsatz keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das ADR-Verfahren betreffend EU-Domains ist neu und seine Regeln und Grundsätze unterliegen Änderungen. Maßgeblich für die Rechtslage sind allein die dem ADR-Verfahren zugrundeliegenden Rechtsnormen in der aktuellsten Fassung sowie die im ADR-Verfahren bislang ergangenen Entscheidungen. Bei Fragen zum aktuellen Stand der Rechtslage wenden Sie sich bitte an den Autor.

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A. Einleitung

Eine allgemeine Definition von Informationsmanagement lautet: Informationsmanagement ist die wirtschaftliche (effiziente) Planung, Beschaffung, Verarbeitung, Distribution und Allokation von Informationen als Ressource zur Vorbereitung und Unterstützung von Entscheidungen (Entscheidungsprozessen) sowie die Gestaltung der erforderlichen Rahmenbedingungen . Eine Betrachtungsebene des Informationsmanagements ist die Unterscheidung von internen und externem Informationsmanagement . Man spricht von internem Informationsmanagement, wenn die erfassten und bereitgestellten Informationen der Abwicklung interner Geschäfts- und Planungsprozesse dienen. Dagegen spricht man von externem Informationsmanagement, wenn Informationen speziell für Kunden eines Unternehmens bereitgestellt werden .

Im Rahmen des externen Informationsmanagements kommt dem Internet eine besondere Bedeutung zu, weil es dem Informationsanbieter ermöglicht, seine Informationen seinen Kunden weltweit kostengünstig zur Verfügung zu stellen. Damit über das Internet bereitgestellte Informationen von den Kunden aufgefunden werden können, ist es erforderlich, den Ort, an dem die Informationen bereitgestellt werden, mit einer eindeutigen Adressangabe zu versehen. Hierzu besitzt jeder an das Internet angeschlossene Computer eine sogenannte Internet-Protokoll-Adresse, auch IP-Adresse genannt, die aus einer Nummernfolge, z.B. 145.45.1.1., besteht. Zur Vereinfachung besitzt jeder Rechner zusätzlich zu seiner IP-Adresse noch einen eindeutigen Namen, den sogenannten Internet-Domain-Namen . Dieser Domain-Namen kann von den Informationsanbietern frei gewählt werden, die Verfügbarkeit vorausgesetzt. Denn um die Eindeutigkeit der Adressierung zu erhalten, wird jeder Name nach dem Prinzip „First come, first served“ nur einmal vergeben.

Zu Kollisionen kommt es, falls mehrere Personen den gleichen Domain-Namen für sich beanspruchen. Derartige Namenskollisionen wurden bislang durch die nationalen Gerichte in langwierigen und kostspieligen Verfahren entschieden. Seit Ende 1999 besteht die Möglichkeit, bestimmte Domain-Streitigkeiten durch ein internationales Schiedsgericht kostengünstig und schnell entscheiden zu lassen. Die vorliegende Arbeit erläutert dieses Verfahren mit seinen Vor- und Nachteilen.

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B. Hauptteil

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I. Definitionen

1. Internet-Domain

Die Domain-Namen, die man auch „Uniform resource locator“ nennt , setzen sich wie folgt zusammen: Ganz rechts befindet sich die so genannte Top-Level-Domain, welche das Land kennzeichnet, in welchem sich der jeweilige Computer befindet (z.B. „.de“). Links von der Top-Level-Domain, getrennt durch einen Punkt, befindet sich die sogenannte Second-Level-Domain.

Die Second-Level-Domain hat der Informationsanbieter über einen lokalen Internet-Service-Provider bei der jeweiligen Länder-Vergabestelle für Domain-Namen, z.B. in Deutschland beim Deutschen Network Information Center (DE-NIC) zu beantragen.

Neben den Länder-Top-Level-Domains (= „ccTLD“ / „country code TLD“), wie zum Beispiel „.de“ für Deutschland,  gibt es weitere Top-Level-Domains, die keinen Bezug zu einem Land aufweisen. Es handelt sich hierbei um die generischen Top-Level-Domains (= „gTLD“ / „generic TLD“) wie „.com“, „.net“ oder „.org“, neuerdings auch z.B. „.info“ oder „.biz“.

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2. Domain-rechtliche Streitigkeit

Da jeder Domain-Name nur einmal vergeben wird, kommt es, insbesondere mit der zunehmenden Verknappung der verfügbaren Domain-Namen, immer häufiger zu Domain-Streitigkeiten. Während es vor der Etablierung des Internet möglich war, dass namensgleiche Unternehmen, beispielsweise in verschiedenen Regionen, nebeneinander existierten, stoßen solche namensgleichen Unternehmen nunmehr im Internet aufeinander. Unternehmen, die sich nicht früh genug um die Sicherung ihres Domain-Namens gekümmert haben, haben wegen des Vergabeprinzips „first come, first served“ zunächst das Nachsehen, wenn der Name bereits durch einen Dritten registriert wurde. In diesem Fall blieb bis zum Jahr 1999 lediglich die Möglichkeit, sich der Hilfe der Gericht zu bedienen, um behauptete Ansprüche aufgrund besserer Rechte durchzusetzen. Nach deutschem Recht können sich bessere Rechte aus  Namens-, Marken oder Wettbewerbsrecht ergeben .

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3. Schiedsgericht

Bis zum Dezember 1999 gab es in domain-rechtlichen Streitigkeiten keine Alternativen zu den Streitbeilegungsmechanismen der dritten Gewalt des Staates, der Judikative. Weil jedoch die Verfahren vor den staatlichen Gerichten nicht nur mit hohem Kostenrisiko verbunden sind, sondern häufig auch sehr lange dauern - zwei oder drei Jahre sind keine Seltenheit, hat man nach einem neuen Streitbeilegungsinstrument auf dem Gebiet der Internet-Domain-Namen gesucht.

Als Alternative zu staatlichen Gerichten bieten sich sogenannte Schiedsgerichte an, insbesondere dann, wenn der streitige Fall internationale Bezüge aufweist. Im internationalen Wirtschaftsverkehr ist es, nicht nur wegen der Unsicherheit in Bezug auf das anwendbare Recht, üblich, für den Fall eines Rechtsstreites die Zuständigkeit eines Schiedsgericht zu vereinbaren. Ein Schiedsgericht ist ein privates Gericht und besteht in der Regel aus ein oder drei von den Parteien ausgewählten Personen. In der Praxis enthalten heute 90 Prozent aller Wirtschaftsverträge eine Schiedsklausel. Ein grosser Vorteil der Schiedsgerichte ist die spezielle Fachkenntnis der Schiedsrichter.  

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4. Uniform Domainname Dispute Resolution Policy

Seit dem 01.12.1999 gibt es ein Schiedsverfahren zur Beilegung von rechtlichen Auseinandersetzungen betreffend Domain-Namen unter den generischen Top-Level-Domains „.com“, „.net“ und „.org“ . Inzwischen ist das Schiedsverfahren auch anwendbar bei Streitigkeiten hinsichtlich von Domain-Namen unter einigen Länder-Top-Level-Domains, wie z.B. unter „.tv“ oder „.ws“ . Allerdings können Domains unter der vom Deutschen Network Infomation Center („DE-NIC“) vergebenen Top-Level-Domain „.de“ bislang nicht Gegenstand des Schiedsverfahrens sein, da der DE-NIC seine Vergabe-Bestimmungen bislang nicht entsprechend geändert hat. 

Die Initiative zur Etablierung dieses Schiedsverfahrens  hat die Internet Corporation for the Assigned Numbers and Names (ICANN) ergriffen. Der ICANN ist eine private Organisation mit Sitz in den USA, Kalifornien. Die Aufgabe von der ICANN ist es unter anderem, die Verwaltung der Internet-Domain-Namen zu überwachen . Ihre Legitimation erhält die ICANN unter anderem dadurch, dass die Mitglieder des Direktoriums durch die Internet-Nutzer selbst gewählt werden .

 Die ICANN hat am 01.12.1999 in ihrer „Uniform Domainname Dispute Resolution Policy (UDRP) grundsätzliche Verfahrensregeln für ein Schiedsverfahren aufgestellt . Die Einzelheiten des Verfahrens regeln die sogenannten „Rules for Uniform Domainname Dispute Resolution Policy (RUP) der ICANN .

Durch die Übernahme dieser Verfahrensregeln in die allgemeinen Domain-Vergabebestimmungen der Domain-Namen-Vergabestellen erlangen sie gegenüber den Domain-Registranten Verbindlichkeit. Auf diese Weise wird das Einverständnis der Registranten eines Domain-Namens mit der Anrufung eines Schiedsgerichts im Falle einer Domain-Namen-Kollision zur Bedingung gemacht. 

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5. WIPO-Arbitration and Mediation Center in Genf

Die ICANN hat insgesamt vier Schiedsstellen zugelassen, welche von den Beschwerdeführern im Schiedsverfahren optional ausgewählt werden können. Die meist angerufene Schiedsstelle ist das WIPO-Arbitration and Mediation Center, das bei der World Intellectual Property Organization (WIPO) in Genf angesiedelt ist . Die WIPO ist eine internationale Organisation, die sich der Förderung und dem Schutz von Werken des menschlichen Geistes widmet.

Weitere Schiedsstellen sind das National Arbitration Forum (NAF) in Minneanapolis, das CPR Institute for Dispute Resolution (CPR) in New York sowie das Disputes.org / eResolution Consortium (DeC) im kanadischen Montreal .

Die vier Schiedssstellen haben jeweils eigene, ergänzende Verfahrensregeln aufgestellt.

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II. Verfahren

1. Verfahrensablauf

Das Verfahren, in dem kein Anwaltszwang besteht, wird im einzelnen in der Rules for Uniform Domainname Dispute Resolution Policy   (RUDRP) geregelt :

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a) Beschwerdeschrift

Der Beschwerdeführer reicht eine Beschwerdeschrift, z.B. per E-Mail, ein und leistet einen Gebührenvorschuss nach der Gebührenordnung. Die Gebühr beträgt 1500 US-Dollar für eine Auseinandersetzung über bis zu fünf Domain-Namen. Die Gebühr erhöht sich auf 3000 US-Dollar, falls der Beschwerdeführer nicht nur einen, sondern drei Schiedsrichter wünscht.

Nach Eingang der Beschwerdeschrift bei der Schiedsstelle in Genf wird durch einen Falladminstrator (Case Administrator) überprüft, ob die Beschwerdeschrift den formellen Anforderungen entspricht. Mängel der Beschwerdeschrift können binnen fünf Tagen behoben werden.

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b) Beschwerdeerwiderung

Die Beschwerde wird sodann an den Beschwerdegegner weitergeleitet, der binnen 20 Tagen eine Beschwerde-Entgegnung einzureichen hat.

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c) Schiedsrichter

Sind die 20 Tage verstrichen, bestimmt der Falladministrator einen bzw. nach Wahl der Parteien drei Schiedsrichter aus der Liste der bei dem Schiedsgericht zugelassenen Schiedsrichter. Sofern eine Entscheidung durch drei Schiedsrichter gewünscht ist, werden die Wünsche der Parteien bei Auswahl der Schiedsrichter berücksichtigt.

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d) Entscheidung

Der bzw. die Schiedsrichter haben den Fall sodann binnen eines Zeitraumes von 14 Tagen zu entscheiden.  Die Entscheidung wird den Parteien sowie der betroffenen Domain-Registrierungsstelle zugeleitet.

Die Registrierungsstelle ist verpflichtet, den Schiedsspruch nach Ablauf eines Zeitraumes von 10 Tagen umzusetzen, es sei denn, die Parteien hätten binnen der 10-Tages-Frist dargelegt, dass ein gerichtliches Verfahren vor einem nationalen Gericht anhängig gemacht wurde.

Der Beschwerdegegner muss sich ansonsten dem Schiedsspruch beugen, weil er bei der Registrierung der Domain den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Domain-Vergabestelle zugestimmt hat, welcher die Anwendbarkeit der  „Uniform Domainname Dispute Resolution Policy (UDRP)“ zur Bedingung der Domain-Registrierung gemacht hatte.

Die Schiedssprüche des WIPO-Arbitration and Mediation Center werden im Internet veröffentlicht.

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2. Aktivlegitimation

Anderes als in den Verfahren vor den nationalen Gerichten ist nicht jeder Inhaber eines Kennzeichenrechts im Schiedsverfahren nach der Uniform Domainname Dispute Resolution Policy aktivlegitimiert, das heißt berechtigt, diesen Verfahrensweg zu beschreiten. Aktivlegitimiert sind ausschließlich die Inhaber von Markenrechten, die von einer nationalen Markenrechtsordnung anerkannt sind. Allerdings zählen hierzu nicht nur die in die nationalen Markenregistern eingetragenen Marken, sondern auch sogenannte Benutzungsmarken und Common Law Trademark Rights. Dagegen berechtigen Namensrechte, Rechte aus Unternehmenskennzeichen oder Werktitel, deren Bestehen oder Nichtbestehen beispielsweise in Deutschland in Domain-Namen-Streitigkeiten streitentscheidend sind, nicht zur Aufnahme des Schiedsverfahrens.

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3. Rechtsgrundsätze

Der Beschwerdeführer wird in folgenden Fällen mit seiner Beschwerde Erfolg haben:

(1) Der vom Beschwerdegegner registrierte Domain-Name ist mit der Marke des Beschwerdeführers identisch oder verwechslungsfähig. 

(2) Der Beschwerdegegner hat kein legitimes Interesse am Besitz der Domain.

(3) Die Registrierung oder die Nutzung der Domain  erfolgte in bösem Glauben, das heißt im Bewusstsein oder mit der Absicht, einen Dritten zu schädigen.   Als bösgläubige Nutzung wird beispielsweise auch angesehen, wenn die Domain als Plattform für Links zu pornografischen Inhalten genutzt wird.

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4. Entscheidung des Schiedsgerichts

Das Schiedsgericht kann drei verschiedene  Entscheidungen treffen: 

(1) den Antrag abweisen.

(2) die Löschung der Domain verfügen.

(3) dem Beschwerdegegner aufzugeben, die Domain auf den Beschwerdeführer zu übertragen.

Binnen 10 Tagen nach Zugang des Schiedsspruchs hat jede der Parteien das Recht, den Rechtsstreit nunmehr bei einem nationalen staatlichen Gericht anhängig zu machen. Für den Beschwerdeführer, dessen Beschwerdeantrag abgewiesen wurde, kommt hierbei eine Leistungsklage, gegebenenfalls in der Form der Unterlassungsklage, in Betracht. Für den im Schiedsverfahren unterlegenen Beschwerdegegner besteht die Möglichkeit, mit einer negativen Feststellungsklage durch die nationalen Gerichte feststellen zu lassen, dass der von dem Beschwerdeführer geltend gemachte und durch das Schiedsgericht bestätigte Anspruch tatsächlich nicht existiere.

Das WIPO-Arbitration and Mediation Center ist nicht berechtigt, eine Schadensersatzverpflichtung auszusprechen. Insoweit ist der Beschwerdeführer an die nationalen Gerichte verwiesen.

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III. Beispiel

Am 27.11.2001 ging beim WIPO-Arbitration and Mediation Center in Genf eine Beschwerde der Bundesrepublik Deutschland wegen der durch ein amerikanisches Unternehmen registrierten Domain-Namen „bundesinnenministerium.com“, „bundesinnnenministerium.net“, „bundesinnneministerium.org“ sowie „verfassungsschutz.org“ ein .

Unter diesen Domains war eine Website abrufbar, die einen Link zu dem Informationsangebot einer us-amerikanischen Neonazi-Gruppe enthielt. Der Beschwerdegegner äußerte sich in dem Verfahren nicht. Bereits am 23.01.2002 fiel die Entscheidung, dass die streitgegenständlichen Domains auf die Beschwerdeführerin zu übertragen seien.  Hierbei hielt der Schiedsrichter Markenschutz aufgrund § 4 Ziffer 2 des deutschen Markengesetzes für gegeben. Diese Bestimmung gewährt Markenschutz auch ohne Eintragung durch Benutzung, vorausgesetzt, die Marke hat innerhalb der beteiligten Verkehrskreise Verkehrsgeltung erlangt

Eine so schnelle Entscheidung wäre mit Hilfe der deutschen Gerichte wohl kaum möglich gewesen, weil diese Freigabe- und Übertragungsansprüchen im Verfügungsverfahren grundsätzlich nicht mehr zustimmen. Hier wäre die Bundesrepublik Deutschland möglicherweise auf das lang dauernde Hauptsacheverfahren angewiesen gewesen. Hätte die Bundesrepublik Deutschland
sodann im Hauptsacheverfahren obsiegt, wäre die weitere Schwierigkeit aufgetreten, das Urteil eines deutschen Gerichts in den U.S.A. zu vollstrecken, was zwar mit Hilfe von sogenannten Vollstreckungsabkommen durchaus möglich ist, aber ein komplizierteres Verfahren bedeutet.

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IV. Statistik

Seit Existenz des Schiedsverfahrens wurden bislang 3.457 Schiedsverfahren in domain-rechtlichen Streitigkeiten unter den generischen Top-Level-Domains beim WIPO-Arbitration and Mediation Center in Genf anhängig gemacht, von denen bereits 3.157 Verfahren abgeschlossen werden konnten . In 2.023 Fällen waren die Beschwerdeführer, die Übertragungs- oder Löschungsansprüche aufgrund eines Kennzeichens geltend machten, erfolgreich. In 490 Fällen konnten die Beschwerdegegner ihre Domain erfolgreich verteidigen. 

Die Beschwerdeführer kamen aus ca. 80 Ländern.

149 Fälle (= 4,31 %) entfielen auf Beschwerdeführer aus Deutschland. Die meisten Beschwerdeverführer stammten aus den U.S.A. (1.599 Fälle = 46,25 %), gefolgt von Großbritannien mit 299 Fällen (= 8,65 %).

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V. Vorteile des Schiedsverfahrens

Das Schiedsverfahren hat gegenüber nationalen gerichtlichen  Verfahren erhebliche Vorteile.

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1. Zeitvorteil

Ein Schiedsverfahren vor dem WIPO-Arbitration and Mediation Center (WIPO) ist spätestens binnen eines Zeitraumes von zwei Monaten vollständig abgeschlossen. Im Vergleich hierzu dauern domain-rechtliche Streitigkeiten vor den deutschen Gerichten, wenn das Hauptsacheverfahren durchgeführt wird, bis zu drei Jahren. In Einzelfällen können diese Verfahren, wenn der gesamte Instanzenzug bis zum Bundesgerichtshof durchlaufen wird, auch noch wesentlich länger dauern. Zwar gibt es bei den staatlichen Gerichten auch schnelle Verfahren, die sogenannten einstweiligen Verfügungsverfahren. Doch wie bereits der Name sagt, haben Verfügungen in diesem Verfahren nur vorläufigen Charakter. Die Entscheidungen im Schiedsverfahren sind dagegen  endgültige Regelungen, vorausgesetzt, keine der Parteien macht binnen der 10-Tages-Frist ein Gerichtsverfahren vor den nationalen Gerichten anhängig.

Da der Beschwerdegegner selbst im Fall einer Niederlage keinerlei Kosten trägt, ist es regelmäßig unwahrscheinlich, dass er seinerseits ein nachfolgendes gerichtliches Verfahren anstrengt, da er hierbei ein erheblicher Kostenrisiko auf sich nehmen würde und den Prozess darüber hinaus vorfinanzieren müsste.

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2. Kostenvorteil

Bei der Anrufung eines nationalen Gerichts geht der Antragsteller bzw. Kläger ein erhebliches Kostenrisiko ein. Beispielsweise sind in Deutschland die Streitwerte, die Grundlagen der Gebührenberechnung sind, in Domain-Sachen außerordentlich hoch. Die Streitwerte beginnen üblicherweise bei 50.000 EUR und reichen bis zu 250.000 EUR. Dies bedeutet für Antragsteller bzw. Kläger, dass er bereits in der ersten Instanz ein Kostenrisiko in Höhe von bis zu 10.000 EUR eingeht .

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3. Fachkompetenz

Ein weiterer Vorteil der Schiedsgerichte gegenüber den nationalen Gerichten ist die besondere Fachkompetenz der Schiedsrichter in Domain-Streitigkeiten. Aus einer öffentlichen Liste der Schiedsrichter, die auch erkennen lässt, an welchen Schiedsverfahren die Schiedsrichter im einzelnen beteiligt waren , kann der Beschwerdeführer das vorhandene Erfahrung der Schiedsrichter einschätzen und dementsprechend einen Schiedsrichter wählen.

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VI. Nachteile des Schiedsverfahrens

Das Schiedsverfahren hat gegenüber den nationalen gerichtlichen Verfahren jedoch auch Nachteile.

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1. Beschränkte Aktivlegitimation

Von Nachteil ist es sicherlich, dass lediglich die Inhaber von Markenrechten aktivlegitimiert sind. Beispielsweise bestehen nach dem deutschen Markenrecht neben den Markenrechten auch weitere Kennzeichenrechte, z.B. Rechte aus Namen, Unternehmenskennzeichen und Werktiteln, die zu Unterlassungsansprüchen gegenüber unberechtigten Domain-Inhabern führen können. Obwohl die Interessenlage des Inhabers eines Unternehmenskennzeichens der eines Markeninhabers entspricht, hat er nicht die Möglichkeit, seinen Anspruch mittels des schnellen und günstigen Schiedsverfahrens durchzusetzen. Hier bleibt zu hoffen, dass zukünftig auch die Inhaber von Unternehmenskennzeichen und Werktiteln ihre Rechte im Schiedsverfahren durchsetzen können.

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2. Rechtliche Legitimation des Schiedsverfahrens

Die Erweiterung der Kompetenzen der Schiedsgerichte in Domain-Streitigkeiten setzt jedoch zunächst voraus, dass die rechtliche Legitimation des Schiedsverfahrens nach der Uniform Domainname Dispute Resolution Policy  geklärt wird. 

Denn angesichts der Konsequenzen, die dieses Schnellverfahren für den Domain-Inhaber haben kann - Verlust seiner Domain innerhalb eines Zeitraumes von ein bis zwei Monaten, ohne hierbei hinreichend Zeit zu haben, seine Verteidigung vorzubereiten – stellt sich durchaus die Frage, ob sich die Anwendbarkeit dieses Schiedsverfahrens durch Allgemeine Geschäftsbedingungen der Domain-Vergabestellen erzwingen lassen. Denn Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen, beispielsweise nach deutschem Recht, einer Inhaltskontrolle durch die Gerichte. Sofern einzelne Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen den Vertragspartner gegen Treu und Glauben in einer unangemessenen Art und Weise benachteiligen, können sie gerichtlicherseits für unwirksam erklärt werden.

Bislang waren die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Domain-Vergabestellen, die das Schiedsverfahren nach der Uniform Domainname Dispute Resolution Policy für anwendbar erklärt haben, noch nicht Gegen-stand eines Rechtsstreits. Aber es ist nicht unwahrscheinlich, dass ein Gericht hiermit zukünftig befasst wird und derartige Bedingungen als unangemessen erachtet und dem Schiedsverfahren so die rechtliche Legitimation entzieht . 

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass auf Internet-Domains, die vor dem 01.12.1999 registriert wurden, das Schiedsverfahren wohl in keinem Fall Anwendung finden kann . Da das Verfahren zu diesem Zeitpunkt noch nicht existierte und daher auch nicht zum Gegenstand der Vergabebestimmungen gemacht worden war, ist die erforderliche Zustimmung der Domain-Registranten nicht gegeben.

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3. Schwierige Rechtsfragen

Das Schiedsgericht entscheidet grundsätzlich nur in einfach gelagerten Fällen. Bei komplexen Markenrechtsfragen verweist das Schiedsgericht an die nationalen Gerichte.

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4. Begünstigung des Beschwerdeführers

Das Schiedsverfahren ist ersichtlich einseitig auf die Interessen des Beschwerdeführers ausgerichtet. Hier wäre es ein Einfaches gewesen, den Interessen aller Beteiligten dadurch zu entsprechen, dass man nicht so kurze  Fristen festgesetzt hätte. Daher muss sich die ICANN den Vorwurf gefallen lassen, den Grundsatz des fairen Verfahrens nicht gebührend berücksichtigt zu haben .

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C. Schluss

Sobald die rechtliche Legitimation des Schiedsverfahrens nach der „Uniform Domainname Dispute Resolution Policy“ nicht mehr in Frage steht, bleibt zu wünschen, dass das Deutsche Network Information Center (DE-NIC) das Schiedsverfahren vor dem WIPO-Arbitration and Mediation Center für Domains unter der Top-Level-Domain „.de“ für anwendbar erklärt, damit auch derartige Domain-Streitigkeiten schnell und kostengünstig entschieden werden können.

Auch sollte der Kreis derjenigen, die berechtigt sind, das Verfahren einzuleiten, auf die Inhaber von Unternehmenskennzeichen und Werktiteln ausgeweitet werden .

Auf der anderen Seite sollten, um dem Gebot des fairen Verfahrens Rechnung zu tragen, die sehr kurzen Fristen des Verfahrens angemessen verlängert werden. Dies würde den Nutzen des Verfahrens kaum beeinträchtigen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Schiedsverfahren vor dem WIPO-Arbitration and Mediation Center ein durchaus probates Mittel ist, um Domain-Streitigkeiten möglichst schnell beizulegen und so den Bedürfnissen eines Informationsanbieters Rechnung zu tragen, der schnelle Rechtssicherheit benötigt, unter welchem Domain-Namen er seine Informationen gegenüber seinen Kunden im Rahmen des externen Informationsmanagements im Internet zur Verfügung stellen kann.

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