Forenhaftung: Landgericht Hamburg geht eigene Wege

Forenhaftung: Landgericht Hamburg geht eigene Wege

[15.08.2007] Betreiber von Foren im Internet haften nach Auffassung des Landgerichts Hamburg selbst dann, wenn sie von einem rechtsverletzenden Forumsbeitrag keine Kenntnis haben. Damit verlässt das Landgericht Hamburg den vom Bundesgerichtshof eingeschlagenen Pfad, der eine Haftung des Forumsbetreibers ohne Kenntnis eines rechtsverletzenden Forumsbeitrags grundsätzlich ablehnt. 

Das Landgericht Hamburg hatte sich in seinem Urteil vom 27. April 2007 mit der Frage auseinander zu setzen, ob der Betreiber eines Internetforums auch dann für ehrverletzende Beiträge der Nutzer des Forums (hier: Schmähkritik) haftet, wenn ihm der rechtsverletzende Forumsbeitrag nicht bekannt war.  Dies hat das Landgericht Hamburg entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bejaht (siehe hierzu Microsoft-Mittelstands-Newsletter Ausgabe April 2007). Eine Haftungsprivilegierung des Forumsbetreibers komme bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Forumsbeiträge dem Forumsbetreiber typischerweise als eigene Inhalte zuzurechnen seien. Eine Zurechnung als eigener Inhalt könne allenfalls dann entfallen, wenn durch das Umfeld, in dem der jeweilige Forumsbeitrag stehe, hinreichend deutlich werde, dass es sich dabei um eine Äußerung handele, deren Verbreitung der Forumsbetreiber trotz ihrer Aufnahme in den Internetauftritt gerade nicht wünsche. Das setze allerdings voraus, dass der Betreiber der Internetseite sich von der betreffenden Äußerung nicht pauschal, sondern konkret und ausdrücklich distanziere.

Dieses Urteil betrifft insbesondere die vielen Handels- und Dienstleistungsportale des Mittelstands im Internet, die Bewertungssysteme anbieten, in welchen Nutzer die Leistungen und Angebote Dritter bewerten können. Wegen des sogenannten fliegenden Gerichtsstandes muss somit künftig jeder Forumsbetreiber damit rechnen, vor dem Landgericht Hamburg für nicht vermeidbare und unbekannte Forumsbeiträge Dritter verantwortlich gemacht zu werden, jedenfalls solange unklar ist, ob das Hanseatische Oberlandesgericht den vom Landgericht Hamburg eingeschlagenen Weg bestätigt oder nicht. Denn das Landgericht Hamburg ließ offen, wie sich ein Forumsbetreiber von einem zukünftigen, ihm nicht bekannten Forumsbeitrag konkret und ausdrücklich distanzieren können soll.

[TIPP] Nehmen Sie in Ihre Nutzungsbedingungen jedenfalls den Hinweis auf, dass rechtsverletzende Forumsbeiträge nicht gewünscht sind und die sofortige Sperrung des Nutzeraccounts nach sich ziehen. Vereinbaren Sie mit Ihren Nutzern, dass diese Sie bei einer Inanspruchnahme durch Dritte wegen eines von dem Nutzer geposteten rechtsverletzenden Beitrags auf erstes Anfordern von allen Ansprüchen Dritter freistellt. Wenn es Ihnen aus personellen oder technischen Gründen nicht möglich sein sollte, die Rechtmäßigkeit der Forumsbeiträge vollständig zu kontrollieren, sollten Sie erwägen, das Forum solange zu schließen, bis hinreichende Rechtssicherheit in der Haftungsfrage besteht. 

Landgericht Hamburg, Urteil vom 27. April 2007 - Az. 324 O 600/06

Die Entscheidung des Landgerichts Hamburg finden Sie hier.

 

Dieser Rechtstipp der Anwaltskanzlei Dr. Ricke, Berlin, ist erstmalig erschienen in der Ausgabe 08-2007 des Mittelstand-Newsletters von Microsoft.

 

Haftungshinweis

 

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