Forenhaftung: Landgericht Hamburg konkretisiert Prüfungspflichten

Forenhaftung: Landgericht Hamburg konkretisiert Prüfungspflichten

[15.03.2008] Betreiber von Foren im Internet haften für persönlichkeitsverletzende Aussagen Dritter nach herrschender Meindung dann, wenn sie zumutbare Prüfungspflichten verletzt haben. Das Landgericht Hamburg hat nun den Umfang dieser Prüfungspflichten konkretisiert.

Ob und inwieweit dem Betreiber Prüfungspflichten obliegen, ist nach Auffassung des Landgerichts Hamburg in seinem Urteil vom 04. Dezember 2007 (Az. 324 O 794/07) anlassbezogenen zu beurteilen. Dabei sei, so das Landgericht Hamburg in Anlehnung an ein Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts (Urteil vom 22.08.2006 – Az. 7 U 50/06),  eine Abwägung vorzunehmen: Je mehr konkreter Anlass zu der Befürchtung bestehe, dass es durch Kommentare auf einer Internetseite zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen Dritter kommen werde, und je schwerwiegender die zu befürchtenden Verletzungen seien, umso mehr Aufwand müsse der Betreiber auf sich nehmen, um die auf seiner Seite eingestellten Kommentare einer persönlichkeitsrechtlichen Überprüfung zu unterziehen. Es bestehe somit ein "gleitender Sorgfaltsmaßstab" mit einem Spektrum abgestufter Prüfungspflichten: Sei mit großer Sicherheit vorhersehbar, dass es zu schweren Persönlichkeitsrechtsverletzungen kommen werde, so könne die Prüfpflicht des Betreibers demnach an dem einen Ende des Spektrums bis hin zu einer Dauer- oder Vorabkontrollpflicht anwachsen. Der Anbieter eines Forums könne sich im Übrigen nie darauf berufen, dass es ihm wegen des großen Umfangs neuer Beiträge Dritter unzumutbar sei, das Forum zu überwachen. Denn der Betreiber könne sich seiner Pflicht zur angemessenen Überwachung nicht dadurch entziehen, dass er es auf ein für ihn nicht mehr kontrollierbares Maß anwachsen lassen.

Dieses Urteil betrifft insbesondere auch die vielen Handels- und Dienstleistungsportale des Mittelstands im Internet, die Bewertungssysteme anbieten, in welchen Nutzer die Leistungen und Angebote Dritter bewerten können. Wegen des sogenannten fliegenden Gerichtsstandes muss nämlich jeder Forumsbetreiber damit rechnen, vor dem Landgericht Hamburg für Forumsbeiträge Dritter als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden. 

[TIPP] Eine erhöhte Prüfungspflicht entsteht nach Auffassung des Landgerichts Hamburg insbesondere dann, wenn Sie als Betreiber eines Forums selbst einen Beitrag veröffentlichen, der sich an der Grenze des persönlichkeitsrechtlich Zulässigen bewegt. Wenn Sie in diesem Kontext eine Kommentarfunktion anbieten, müssen Sie nach Auffassung des Landgerichts Hamburg in diesem Fall nämlich damit rechnen, dass Dritte persönlichkeitsverletzende Einträge vornehmen. Dies gelte um so mehr, wenn die Nutzer ihre Einträge auch unter einem Pseudonym veröffentlichen könnten. Unterbinden Sie daher bei brisanten Veröffentlichungen die Möglichkeit einer automatischen Freischaltung des Beitrags durch die Nutzer. Schalten Sie die neu eingehenden Einträge nach Überprüfung auf ihre rechtliche Zulässigkeit selbst frei.

Landgericht Hamburg, Urteil vom 04. Dezember 2007 - Az. 324 O 794/07

 

Die Entscheidung des Landgerichts Hamburg finden Sie hier.

 

Dieser Rechtstipp der Anwaltskanzlei Dr. Ricke, Berlin, ist erstmalig erschienen in der Ausgabe 03-2008 des Mittelstand-Newsletters von Microsoft.

 

Haftungshinweis

 

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